Warum IT-Weiterbildung eine neue Qualität braucht

Künstliche Intelligenz führt nicht zuletzt in der IT zur Entwicklung neuer Jobprofile, die eine ständige Weiterbildung sowohl in Eigenregie als auch mit Hilfe von Fortbildungsinitiativen des Arbeitgebers erfordern. 
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Alles befindet sich im Wandel, auch die Jobprofile. Zum einen angetrieben von der Automatisierung, die menschliche Tätigkeiten ganz oder teilweise durch Maschinen ersetzt. Zum anderen von der sogenannten Augmentation, die Arbeitskräfte durch den Einsatz von Software unterstützen und Prozesse optimieren soll.  



Das Wirtschaftsforum (WEF) prognostiziert in seinem aktuellen Report „Future of Jobs“, dass in den nächsten drei Jahren weltweit millionenfach Jobs wegfallen. Das betrifft vor allem Branchen mit vielen Routineaufgaben wie Buchhaltung und Verwaltung. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Fachkräften in Bereichen wie Datenanalyse, Künstliche Intelligenz und Robotik sowie Cybersecurity. Es profitieren also Menschen, die Technologie implementieren und verwalten. Was alle auf dem Arbeitsmarkt gemein haben: Sie müssen sich auf dem neuesten Stand halten. Denn die Jobs der Zukunft erfordern Spezialisierung und sind daher wissensintensiv. 







Expertise stetig erweitern



Unternehmen sollten daher besonderes Augenmerk auf Fort- und Weiterbildung beziehungsweise Umschulung legen und Mitarbeitende auf dem Weg hin zu analytischen, kreativen und sozial interaktiven Tätigkeiten unterstützen. Herangehensweisen gibt es dabei unterschiedliche. Nagarro zum Beispiel, ein Unternehmen aus dem Bereich Digital Engineering, setzt seit vielen Jahren auf das Konzept der selbstlernenden Organisation, in der das selbstgesteuerte Lernen ein wesentlicher Bestandteil ist. 



„Um Kunden bei der digitalen Transformation optimal zu unterstützen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren, müssen wir agil und flexibel bleiben und unsere Expertise stetig erweitern“, sagt Annette Mainka, Vorständin bei Nagarro, das mit 18.000 Mitarbeitenden in 36 Ländern tätig ist. 



Voraussetzung dafür, dass sich das Konzept überhaupt umsetzen lässt, ist laut Mainka ein besonderes Organisationsdesign, angelehnt an Holacracy. Wie die einzelnen Niederlassungen das für flache Hierarchien und die selbstbestimmte Arbeit in Rollen und Kreisen bekannte Modell umsetzen, ist ihnen überlassen – solange der Wertekanon des Unternehmens eingehalten wird.  



„Gerade Eigenverantwortung – der ‚Entrepreneurial Spirit‘ – ist uns seit jeher sehr wichtig, denn wir sind überzeugt, dass das die Leidenschaft in unserem täglichen Projektgeschäft ausmacht“, meint Mainka. 







In Eigenregie lernen



Genau diesen Spirit braucht es in einer selbstlernenden Organisation. Durch den Aufbau bestimmter Strukturen soll eine Haltung gefördert werden, bei der lebenslanges Lernen als Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum gilt. Damit einher geht die Bereitschaft, sich proaktiv im Unternehmen einzubringen, Wissen zu teilen sowie Innovation zu fördern.  



Zu den Strukturen gehört ein leichter Zugang zu Kollaborations- und Kommunikationsplattformen wie Microsoft Teams, Sharepoint oder Engage, um sich mit den Kolleginnen und Kollegen standort- und abteilungsübergreifend zu vernetzen, auszutauschen und an Projekten zusammenzuarbeiten. Außerdem geht es um Rahmenbedingungen, in denen Mitarbeitende ihren Lernprozess selbst in die Hand nehmen.  



Wichtig dabei ist, dass Lernen nicht als formelle Pflicht oder ein weiterer Punkt auf der To-Do-Liste empfunden wird, sondern aus eigenem Antrieb heraus passiert. Das gelingt vor allem dann, wenn Weiterbildung in den Arbeitsalltag und die -umgebung integriert, leicht zugänglich, strukturiert und auf den einzelnen Mitarbeitenden zugeschnitten ist. „Natürlich gibt es auch bei uns Anreize zum Lernen wie digitale Abzeichen und Medaillen oder den ‚Engineering Excellence Award‘. Die meisten Mitarbeitenden nehmen aber aufgrund ihres Mindsets freiwillig an Lernprogrammen und -Gruppen teil“, so Mainka. 


Annette Mainka: “Lernen darf nicht als formelle Pflicht oder ein weiterer Punkt auf der To-Do-Liste empfunden empfunden, sondern sollte aus eigenem Antrieb heraus passieren. Das gelingt vor allem dann, wenn Weiterbildung in den Arbeitsalltag und die -umgebung integriert, leicht zugänglich, strukturiert und auf den einzelnen Mitarbeitenden zugeschnitten ist.”   Mainka – Nagarro



Software und People Partner als Leitplanken



Um Lernen zu organisieren und Wissen zu managen, nutzt Nagarro die eigens entwickelte Plattform „Ginger“. Sie setzt auf generativer KI und NLP-basierten Analysen auf und wird ständig mit Daten gefüttert. Vor rund fünf Jahren als einfacher Chatbot zur Fragenbeantwortung entwickelt, ist „Ginger“ heute ein an allen Standorten eingesetztes intelligentes Assistenztool mit Support-Ticketing. Es bildet unter anderem den gesamten Lebenszyklus beziehungsweise den Entwicklungspfad eines Mitarbeitenden ab.  



Im HR-Bereich wird das Tool fürs Onboarding, den klassischen Informationsaustausch, die Antragsstellung, Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit und die Personalentwicklung eingesetzt. Über „Ginger“ wird auch sichtbar, wer welche Skills hat und wo Kompetenzen fehlen. Das Tool gibt dann automatisiert Hinweise und macht Vorschläge. „Das hat mehrere Vorteile: Teams finden bestmöglich zusammen, Mitarbeitende können sich genau in den richtigen Bereichen weiterbilden und die Personalabteilung kann gezielt am Markt rekrutieren“, erklärt Mainka. 



Neben der Software bilden auch sogenannte „People Partner“ einen Rahmen. Sie gehören zur HR-Abteilung, sind aber nach Fachgebieten aufgeteilt und bringen so die notwendigen Kompetenzen mit. Die Grundidee ist, jemanden im Unternehmen zu haben, der vom Onboarding bis zum Verlassen des Unternehmens in allen personalbezogenen und zwischenmenschlichen Fragestellungen zur Seite steht, ohne Vorgesetzter zu sein. Der People Partner macht regelmäßig eine Standortbestimmung, wo der Mitarbeitende gerade steht, welche Ziele und Wünsche es gibt, und gibt Empfehlungen ab. Das gilt auch in Bezug auf Aus- und Weiterbildung – hier werden gemeinsam Entwicklungspläne ausgearbeitet, die als grober Leitfaden fürs Lernen dienen. 







Viele Angebote zum Selbststudium



Die Angebote an Fort- und Weiterbildung sind bei Nagarro in der virtuellen „Nagarro University“ gebündelt. Hier stehen alle Lernressourcen, sowohl standardisierte als auch individuelle Schulungen, Masterclasses und Mentoring-Programme, rund um die Uhr zur Verfügung. Dabei spielen Elemente aus dem Bereich Gamification und Storytelling eine große Rolle. 



Der Zugang erfolgt über ein Dashboard, über das auch Lernstatistiken abrufbar sind. Zu den Angeboten gehören etwa das „Young Talent“- oder das „New Leader“-Programm, das sich an High Potentials richtet und sie ein Jahr professionell in der Entwicklung begleitet. Oder auch das „Glass Window“-Programm, bei welchem nominierte Kolleginnen ein Jahr lang Teil des Senior Managements sind, Entscheidungsprozesse mitverfolgen und Ideen austauschen, sowie ganz besonders ihr internes Netzwerk stärken und erweitern.  



Die weltweiten „Centers of Excellence“ und „Communities“ dienen als Anlaufstelle für Themen wie Künstliche Intelligenz, Cloud-Technologien oder agile Methoden und liefern Best Practices und Anleitungen für die Praxis. Die Plattform „Level Up!“ wiederum bietet Mitarbeitenden eine strukturierte Umgebung für immersives Lernen. Zusätzlich gibt es auch verschiedene externe Trainingsplattformen, so können „Nagarrians“ zum Beispiel jederzeit auf das gesamte Angebot „LinkedIn Learning“ zugreifen. 



Abgerundet wird das Angebot durch ein täglich abwechselndes Programm an digitalen Meet-Ups, bei denen beispielsweise Best Practices oder die neuesten Tools vorgestellt werden, sowie von mehrmals im Jahr stattfindenden Hackathons, Ideathons und Learning Challenges.

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